Lehrgangs- und Prüfungsordnung für die "Limes-Cicerones der Deutschen Limeskommission"

vom 15.11.2022

Präambel

Im Jahr 2005 wurde der Obergermanisch-Raetische Limes (ORL) in die Liste der UNESCO-Welterbestätten aufgenommen. Gemeinsam mit dem Hadrianswall und seit 2008 dem Antoninuswall in Großbritannien ist der ORL Teil der transnationalen seriellen Welterbestätte „Grenzen des Römischen Reiches“.

Im Jahr 2021 folgte die Einschreibung weiterer Grenzabschnitte des ehemaligen Römischen Reiches als UNESCO-Welterbe. Der Niedergermanische Limes (NGL) erfasst die römischen militärischen Standorte entlang des Rheins in den Niederlanden, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Der Donaulimes (DL) setzt die Grenzen des Römischen Reiches dagegen in Bayern, Österreich und der Slowakei weiter fort. Gemeinsam mit dem ORL sowie dem Hadrianswall und dem Antoninuswall in Großbritannien bilden die neuen Limes-Abschnitte den UNESCO-Welterbe-Cluster „Grenzen des Römischen Reiches“. Die Größe, die Vielseitigkeit und die Komplexität der Welterbestätten bedingen einen verstärkten Vermittlungsbedarf gegenüber den Besuchern und den Bewohnern vor Ort. Für den Bereich des ORL wird diese anspruchsvolle Aufgabe bislang u. a. von spezialisierten Führerinnen und Führern – den sogenannten „Limes-Ciceronae/es“ – wahrgenommen. Diese verstehen sich als Botschafter des Limes, des Welterbegedankens und ihrer Region. Ein Teil der Limes-Cicerones ist seit 2005 im Verband der Limes-Cicerones e.V. zusammengeschlossen.

Nach Ansicht der Deutschen Limeskommission (DLK) muss bei der Vermittlungsarbeit der Limes-Ciceronae/es gewährleistet sein, dass der Limes, die damit zusammenhängende römische Geschichte und Kultur sowie das UNESCO-Welterbe unabhängig vom Standort kompetent und fachlich korrekt präsentiert werden. Daneben ist sicherzustellen, dass die Führungen unter Berücksichtigung denkmalpflegerischer Anforderungen geplant und durchgeführt werden. Mit Blick hierauf ist eine einheitliche Aus- und Fortbildung der Gästeführer*innen als „Limes-Ciceronae/es der Deutschen Limeskommission“ erforderlich, deren fachliche Inhalte länderübergreifend von der DLK bestimmt werden.

§1 Schutz der Bezeichnung

Die Bezeichnung „Limes-Cicerona bzw. Limes-Cicerone der Deutschen Limeskommission“ ist geschützt. Die Bezeichnung darf nur nach einer erfolgreichen Teilnahme am Zertifikatskurs der DLK und bei einer kontinuierlichen Fortbildung verwendet werden. Die näheren Bedingungen hierfür werden im Folgenden festgelegt.

§ 2 Ziel des Zertifikatskurses

(1) Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Zertifikatskurses der DLK wird Grundwissen über den Limes in Deutschland, die römische Geschichte und Kultur, das UNESCO-Welterbe und über die Denkmalpflege vermittelt. Daneben zielt der Kurs darauf ab, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Grundlagen der Kommunikationstechniken und in den spezifischen Anforderungen an die Vermittlung von Wissen zu Geschichte und Archäologie zu schulen.

(2) Rechtskenntnisse sowie Informationen über eine selbstständige gewerbliche Tätigkeit als „Limes-Cicerona/e“ sind nicht Inhalt der von der DLK angebotenen Kurse.

§ 3 Zeit und Ort des Zertifikatskurses, Teilnehmerzahl und Anmeldung

(1) Der Zertifikatskurs der DLK findet bei Bedarf statt. Er hat einen Umfang von 40 Zeitstunden und wird an vier Wochenenden abgehalten. Informationen über die einzelnen Termine und die Schulungsorte werden mindestens drei Monate vor dem ersten Kurswochenende auf der Website der DLK eingestellt. Die Ausbildungen für die Welterbe-Abschnitte NGL, ORL und DL finden jeweils separat mit angepassten Inhalten und unabhängig voneinander statt.

(2) Pro Kurs müssen mindestens 12 Anmeldungen vorliegen. Die Teilnehmerzahl pro Kurs ist auf 20 Personen beschränkt.

(3) Die schriftliche Anmeldung zum Kurs muss mindestens drei Wochen vor dem ersten Kurswochenende bei der Geschäftsstelle der DLK eingegangen sein. Zwei Wochen vor dem ersten Kurswochenende ergeht eine schriftliche Aufforderung zur Zahlung der Kursgebühr an die berücksichtigungsfähigen Interessenten. Eine Teilnahme am Kurs ist ausgeschlossen, wenn die Zahlung nicht spätestens am ersten Kurswochenende bei der DLK eingegangen ist.     

§ 4 Rahmenstoffplan

Der Rahmenstoffplan ist verbindlich festgelegt (1 Lerneinheit [LE] = 60 Minuten):

1. Grundlagen der römischen Geschichte und Kultur (10 LE)

1.1 Überblick zur römischen Geschichte und Kultur
1.2 Römische Geschichte und Kultur in den Limesgebieten 

2. Der Niedergermanische Limes/Obergermanisch-Raetische Limes/Donaulimes (16 LE)

2.1 Forschungsgeschichte
2.2 Aussehen und Funktion
2.3 Militäranlagen und ihre Ausbauphasen
2.4 Truppen und ihre Struktur
2.5 Leben und Alltag
2.6 Zivile Einrichtungen
2.7 Religion
2.8 Regionale Besonderheiten der Grenzabschnitte (Land-/Flussgrenze)

3. Archäologie und Denkmalpflege (3 LE)

3.1 Archäologische Techniken
3.2 Grundlagen der Denkmalpflege und Denkmalschutzgesetze
3.3 Archäologisches Fundmaterial

4. Der NGL/ORL/DL als Teil des UNESCO-Welterbes (2 LE)

4.1 Die UNESCO und der Welterbegedanke
4.2 Organisation und Verwaltung der Welterbestätten NGL/ORL/DL und des Clusters „Grenzen des Römischen Reiches“

5. Vermittlungstechniken (9 LE)

5.1 Führungen an archäologischen Bodendenkmälern

§ 5 Zulassung zur Prüfung

Voraussetzung für die Zulassung zur Prüfung ist die regelmäßige Teilnahme an dem von der DLK organisierten Zertifikatskurs. Die Anzahl der Fehlstunden darf 25 Prozent der Lerneinheiten nicht überschreiten.

§ 6 Ziel der Prüfung

Durch die erfolgreich abgelegte Prüfung wird festgestellt, dass die/der zu Prüfende hinreichend qualifiziert ist, um fachlich korrekte Führungen zu den Themen Niedergermanischer Limes, Obergermanisch-Raetischer Limes oder Donaulimes, römische Geschichte und Kultur in Deutschland und in ihrer Region sowie zum UNESCO-Welterbe durchführen zu können.

§ 7 Gliederung und Inhalte der Prüfung

(1) Die Prüfung gliedert sich in drei Teile:

1. Hausarbeit in Form eines schriftlich ausgearbeiteten Führungsprogramms zum Nachweis der Fähigkeit, Informationen und Erlebnisse für eine Führung zielgruppengerecht vorbereiten zu können (3–5 Seiten).
2. Mündliche Einzelprüfung (ca. 20–30 Minuten).
3. Führung an einem Limesdenkmal zum Nachweis der Fähigkeit, den Limes als archäologisches Bodendenkmal und als Welterbestätte vor einer Gruppe mündlich präsentieren zu können (ca. 20–30 Minuten).

(2) Die Prüfung wird durch zwei Personen abgenommen, die entweder der DLK angehören oder von der DLK mit der Durchführung der Prüfung beauftragt wurden.
(3) Die Hausarbeit ist binnen Monatsfrist nach dem letzten Ausbildungswochenende bei der Geschäftsstelle der DLK einzureichen. Die mündliche Prüfung und die Führung finden an einem eigenständigen Termin an einem der Ausbildungsorte statt.

§ 8 Bestehen und Wiederholen der Prüfung

(1) Für ein erfolgreiches Bestehen der Prüfung müssen alle drei Prüfungsteile als bestanden gewertet worden sein. Noten werden nicht erteilt.

(2) Nicht bestandene Prüfungsteile können einmal wiederholt werden. Art, Ort und Termin der Wiederholung werden von der DLK nach Rücksprache mit der/m Kandidatin/en festgelegt.

(3) Wird eine Teilprüfung schuldhaft nicht angetreten, gilt die Prüfung insgesamt als nicht bestanden.

§ 9 Zertifikat

Das Zertifikat in Form eines Ausweises wird nach bestandener Prüfung durch die DLK ausgehändigt.

§ 10 Befristung des Zertifikats, Fort- und Weiterbildung

(1) Das Zertifikat ist auf drei Jahre befristet.

 (2) Die Inhaberinnen und Inhaber sollen jährliche Fortbildungen besuchen. Die Teilnahme an speziell für die Limes-Cicerones angebotenen Fortbildungen der DLK, der Landesämter für Denkmalpflege sowie der Museen in den einzelnen Bundesländern ist dabei, mit Ausnahme von Exkursionen, verpflichtend.

Anerkennungsfähige Fortbildungen, zu denen facharchäologische Vorträge und Exkursionen zum Thema Limes oder auch zur römischen Geschichte und Kultur gehören, werden in der Regel durch ausgebildete Archäologen durchgeführt. Ausnahmen hiervon müssen vorab mit der DLK abgestimmt werden.

Der Gesamtumfang der geforderten Fortbildungen beträgt mindestens 18 Stunden in drei Jahren. Diese sollten in der Regel gleichmäßig über die Laufzeit von drei Jahren verteilt werden, wobei pro Jahr mindestens drei Stunden verpflichtend sind.

Die „Limes-Ciceronae/es der Deutschen Limeskommission“ führen Buch über die Nachweise der von Ihnen besuchten Fortbildungen. Zur Verlängerung des Ausweises müssen die Nachweise in digitaler Form bei der Geschäftsstelle der DLK eingereicht werden. Die Deutsche Limeskommission führt ein Verzeichnis der von ihr ausgebildeten Limes-Cicerones und verlängert das Zertifikat um drei Jahre bei Nachweis der Fortbildungen.

(3) In schwerwiegenden Fällen, z. B. bei anhaltenden Versäumnissen in der Fortbildung sowie bei schwerwiegenden Verstößen gegen die Denkmalschutzgesetze, den Denkmalschutzgedanken oder bei strafrechtlichen Verstößen im Zusammenhang mit der Arbeit, wird das Zertifikat aberkannt bzw. nicht verlängert.

(4) Weiterbildungen als „Zertifizierte Natur- und Landschaftsführer“ ergänzen die Ausbildung der „Limes-Ciceronae/es der Deutschen Limeskommission“ und werden von der DLK befürwortet.

§ 11 Kosten                                    

Für die Ausbildung wird eine Gebühr in Höhe von 200 € erhoben. Weitere Kosten (Anreise, Unterbringung, Versorgung u.a.) sind von den Teilnehmern der Zertifikatskurse selbst zu tragen.

 

Beschlossen auf der 25. Sitzung der DLK am 31.3.2014 in Bonn;
Aktualisierungen beschlossen auf der 29. Sitzung der DLK am 13.4.2016 in Esslingen
und der 42. Sitzung der DLK am 15.11.2022 in Mainz.